Federnde Haiku – Herbst 2022

F
Ein Buschgespenst
gebärdet sich schreckhaft
Es enttäuscht die Erwartungen
Inmitten des Waldes
beginnt das Laub zu knistern
Der ruhende Raucher schon träumend
Das kurze Gleis am Boden
führt zum grauen Steinofen hin
Eine Schrifttafel erklärt
Im Gartenidyll am Sonntag
Madame den Laubsauger lenkt
Drinnen zagend der Staubsauger sirrt
Ächzend unter ihrer Verkleidung
die Tanne im Glanz
bald ihres Dienstes enthoben
Ein Sonnenblumenmeer links
Rasende Piloten auf der Piste
Ein Sonnenblumenmeer rechts
Dieses Grauen. Barbarisch
verlautbaren die Treiber
indem der Krieg nahe rückt
Am Fuße des Burgbergs
ließ Hirte Franz sich nieder
um andächtig hinauf-zu-staunen
Der arme Poet
sitzt auch heutzutage im Bett
goutiert Novelas, nicht Novalis
Die Todesanzeigen studierend
der Alte in seiner Matte
die Seele, den Körper baumeln lässt
Nur Salvador Dalí
könnte ein Pferd malen
das reitet
Und das Meer schwappte über
riss alles mit
auch Karin
Im Flohsamensand
lauert eine Skorpionin
als der Steinbock vorbeistapft
Und der Fluss trat über die Ufer
riss alles mit
auch Peter
Ein Choleriker
lächelt den Phlegmatiker aus
der ihn rot vor Zorn anbrüllte
Au, Gopferdeckel
zischte das Küchenweiblein
und bekreuzigte sich
Ein verzerrtes Mondgesicht
über den brennenden Dächern
der Gemetzelten
Ich bin es leid
denkt der Angeber
und verhüllt seine Bücher
Die Welt rückt näher
unkt Heinz
und kratzt sich am Ohr
Von der Kuppel der Meister
der Blick des Kenners
zum Schlüsselloch Piranesis
Der Moderator –
auf der Vorderkante des weißen Stuhls
fast schon gefallen
Authentisch sein –
Nur, wenn da nichts ist
leuchtet es ebenfalls
Die Moderatorin –
den Mund profan gespitzt
ihr Kuli ein Mahnstock
Oh, wäre der bucklige Schlaf nicht
nur das ewig flirrende Licht des Tags
die Höhle verschlossen
Die Schere
neben dem fetten Geldschein
der keineswegs zittert
Jede/r hat jetzt eine Bestie
Rund um die Uhr
liegt lauernd sie bereit
Ein buntes Gemälde schockiert die Guten
Es wird schwarz verhüllt
dann spornstreichs entfernt
Der Freund von Freund und Freund
blickt in Trauer
ins Tal der Tränen der Frauen
Henn, Gellert und, ach, auch Steinel
schwarz umrandet
heute beim Frühmahl
Im kubischen Bau der Kälte
die netten Nachbarn
stumm einander beäugen

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