Noch mehr Psychorealismus…

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Ein weiterer, von mir früh bevorzugter Vertreter des psychischen Realismus im europäischen Roman ist der Italiener Alberto Moravia (1907-1990). Ganz im Sinne meines damaligen, bis heute erhaltenen psychoanalytischen Erkenntnisinteresses verschlang ich nach 1968 innerhalb kurzer Zeit vierzehn Bücher dieses Autors, wenn ich richtig gezählt habe. Wie kein Zweiter hat dieser Autor mich Italien näher gebracht und zeigte mir den Zusammenhang zwischen Bourgeoisie und Faschismus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in Italien und generell in Europa erzählerisch auf.

Der Konformist, verfilmt von B. Bertolucci, ist das Psycho-gramm eines Mannes aus prekären Verhältnissen, der aus einer früheren Schuld heraus, nämlich dem Niederschießen eines Jugendlichen, sich in seinem späteren Leben zu größtmöglicher gesellschaftlicher Anpassung getrieben sieht. Sein Konformis-mus lässt ihn schließlich zum Faschisten werden.

In Die Verachtung beobachtet Moravia exemplarisch die fatalen Missverständnisse zwischen Mann und Frau in einer Ehe. Dies vollzieht sich im Roman, der von Jean-Luc Godard verfilmt wurde, im Kontext der Verfassung eines Drehbuchs zu einem Odysseus-Filmprojekt. Der Protagonist verliert, indem er das Drehbuch schreibt, zunrehmend die Achtung seiner Frau.

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