Ein unkonventioneller Kommunist in bitteren Zeiten

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Der italienische Kommunismus im Format des Partito Communista Italiano – PCI hatte und hat drei besonders berühmte Namen vorzuweisen: Palmiro Togliatti, Antonio Gramsci und Enrico Berlinguer. Togliatti führte die Partei gegen den Faschisten Mussolini. Berlinguer prägte und führte die Partei später in den Zeiten des Eurokommunismus und des Historischen Kompromisses. Der intellektuellste und unkonventionellste der drei zentralen Figuren der italienischen Linken war sicherlich Antonio Gramcsi (1891-1937), der in den frühen Jahren ebenfalls Generalsekretär der Partei gewesen war.

Trotz parlamentarischer Immunität ließ Mussolini den Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens 1926 verhaften. Gramsci saß 11 Jahre unter schwierigen Bedingungen in Haft, danach befand er sich im Arrest, wurde beaufsichtigt und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Eine Woche, nachdem ihm die volle Freiheit zugebilligt worden war, starb er im Alter von 46 Jahren an den Folgen von Knast und Krankheit (Tuberkulose, Auszehrung, Hirnblutungen).

Sein Diktum, dass man seinen Verstand pessimistisch und seinen Willen bzw. die Tat optimistisch gebrauchen sollte, habe ich mir früh zu eigen gemacht. Bemerkenswert finde ich auch seine Einschätzung, dass letztlich alle Menschen Intellektuelle seien. Und auch heute noch oder wieder aktuell scheint mir sein Konzept der „kulturellen Hegemonie“ zu sein, das er aus der Beobachtung der italienischen Geschichte, insbesondere des „Risorgimento“, ableitete.

Sagen wir es einmal so: Die Linke als Partei mit ihrem Umfeld in Deutschland, die jetzt im September 2021 bei 5% der Wählerstimmen angekommen ist, wird sich kaum wieder von diesem Rückschlag erholen und an Einfluss zurückgewinnen, wenn es ihr nicht gelingt, zu einer kapitalismuskritischen, kulturellen Entfaltung der Menschen im Land beizutragen, die sich auf neue Weise künstlerisch ausdrückt und zugleich ihrer Tradition lebendig verhaftet ist. Dass die sog. Neue Rechte mit ihrer Identitären Bewegung sich jetzt ebenfalls auf Gramsci beruft, zeigt, wie die Lage in Europa und auch in Deutschland momentan ist. Hinzu kommt, dass die für Linke immer noch wichtige Klassenfrage von stark ins Bewusstsein der Menschen eingedrungenen Gattungsfragen, also generellen Überlebensfragen der Menschheit, überlagert wird. Da käme auch Gramsci ins Grübeln.

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