Ein Schweizer Weltsoziologe

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Jean Ziegler ist seit ehedem mein Leib-, Magen- und Kopf-Soziologe (und Ethnologe). Der in der Theorie des Marxismus und Kommunismus sehr bewanderte Autor kämpft seit Jahrzehnten für die Menschenrechte, gegen Despotien und das Großkapital und gegen die negativen Auswirkungen einer überzogen beschleunigten Globalisierung. Für mich vertritt er diese Haltung mit überzeugenden Argumenten und mit sehr viel Emphase, wofür ich empfänglich bin. Als er sich mit dem Schweizer Großkapital anlegte und die Urheber von Betrug, Bestechung und Geldwäsche beim Namen zu nennen wagte, wurde er mit vielen Prozessen überzogen, die ihn in die aussichtslose Überschuldung trieben. Schließlich konnte er sich durch die Übernahme der Position eines Menschenrechtsbeauftragten der UNO ein Stück weit „immunisieren“. Und es gibt ihm nahestehende Menschen, die ihm helfen.

Ich habe fast alle mir zugänglichen Sachbücher von ihm gelesen, ganze 18 Bände. Meine Ziegler-Lektüre begann mit „Die Lebenden und der Tod“. Jede/r sollte dieses Buch lesen. Ziegler selbst hält es für sein „elementarstes Buch“. Darin versucht er als Sinnstifter, den Tod zu enttabuisieren, indem er die in Afrika wurzelnden Todeskulte Brasiliens und Mexikos darstellt und mit denen in Europa vergleicht.

Aus einem Interview 2009: In der Erstausgabe sagen Sie, dass die «Lebenden und der Tod» durch Ihre große persönliche Angst vor dem Tod motiviert sei. Hat sich an dieser Angst irgendetwas geändert in den letzten Jahrzehnten? Nein, an dieser natürlichen Angst hat sich nichts geändert. Und weiterhin geht es darum, dem Tod so viel Sinn wie möglich entgegenzusetzen: durch Tat, Wort, Liebe und so weiter.  

In seinen späteren Büchern wiederholt sich Ziegler leider zu sehr. Man mag es ihm nachsehen, denn das Thema „Menschenrechte/Hunger“ ist komplex und schier ewig. Vor Jahren konnte ich Ziegler einmal bei einem Vortrag in Heidelberg erleben und sah mich in meiner Begeisterung für die Lektüre seiner Bücher und Reden bestätigt. Dieser Soziologe macht zuversichtlich. Trotz alledem!

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